Warum Pferde kein Halsklopfen mögen – und wie wir sie wirklich effektiv belohnen
- 11. Jan.
- 2 Min. Lesezeit
Viele Pferdeliebhaber belohnen ihre Tiere falsch, ohne es zu wissen. Warum Streicheln und Kratzen wichtiger sein könnten als ein Klaps auf den Hals, erklärt eine führende Expertin für Pferdeverhalten.

Pferde sind faszinierende Wesen, die durch gezieltes Training erstaunliche Leistungen zeigen können. Doch wie wir ihnen beibringen, gewünschte Verhaltensweisen zu wiederholen, ist entscheidend.
Laut Dr. Gemma Pearson, Tierärztin und Expertin für Pferdeverhalten, wird oft vergessen, wie stark Belohnungen das Lernen und Verhalten der Tiere beeinflussen.
Positive Verstärkung: Der Schlüssel zum erfolgreichen Training
„Operantes Konditionieren ist die Grundlage des Pferdetrainings“, erklärt Dr. Pearson im Gespräch mit horseandhound.co.uk. Dabei spielt die positive Verstärkung eine zentrale Rolle. „Positiv bedeutet hier, dass wir etwas hinzufügen, um ein Verhalten zu fördern.“
Ein weitverbreiteter Irrtum sei jedoch, dass Pferde einen Klaps auf den Hals oder verbale Bestätigung als Belohnung schätzen. Tatsächlich bevorzugen Pferde natürliche Verstärker wie Futter, Kratzen oder sanftes Streicheln.
„Pferde sind keine Hunde“, betont Dr. Pearson. „Sie haben nicht den angeborenen Wunsch, uns zu gefallen. Das Training sollte daher auf Dingen basieren, die sie von Natur aus genießen.“ Dieses Prinzip kann nicht nur vom Boden aus, sondern auch im Sattel angewendet werden, um das Verhalten des Pferdes zu formen.
Die unterschätzte Kraft der negativen Verstärkung
Neben der positiven Verstärkung gibt es die sogenannte negative Verstärkung, die oft missverstanden wird. „Negativ heißt nicht, dass es etwas Schlechtes ist“, klärt Dr. Pearson auf. „Es bedeutet lediglich, dass ein Reiz entfernt wird, sobald das gewünschte Verhalten gezeigt wird.“
Ein klassisches Beispiel ist das Vorwärtstreten eines Pferdes. Wird leichter Druck mit den Beinen ausgeübt und das Pferd geht einen Schritt nach vorn, lässt der Druck sofort nach.
„Das Pferd lernt, dass es durch eine bestimmte Handlung die Kontrolle über seine Umgebung hat – in diesem Fall, den Druck loszuwerden.“ Diese Methode ist das Fundament des Pferdetrainings, da sie klare Signale gibt und dem Pferd ermöglicht, gewünschte Verhaltensweisen zu verstehen.
Häufige Fehler: Wenn falsches Verhalten belohnt wird
„Man bekommt das Verhalten, das man verstärkt – nicht das, das man will“, warnt Dr. Pearson. Ein Paradebeispiel ist das Entwurmen: Viele Pferde werfen instinktiv den Kopf hoch, wenn der Wurmkur-Applikator ihre Lippen berührt. Der Fehler: Wenn der Applikator entfernt wird, bevor das Pferd seinen Kopf senkt, wird das unerwünschte Verhalten unabsichtlich verstärkt.
Die Lösung? Kleine Schritte, die das Pferd positiv bestärken. „Beginnen Sie, indem Sie den Applikator an die Wange halten und entfernen, bevor das Pferd sich bewegt. Arbeiten Sie sich dann langsam zu den Lippen vor“, rät Dr. Pearson. Um den Lernprozess zu beschleunigen, kann zusätzlich positive Verstärkung eingesetzt werden, etwa in Form von Futterbelohnungen.
Warum Bestrafung im Training der Vergangenheit angehören sollte
Dr. Pearson macht deutlich: Bestrafung hat im modernen Pferdetraining kaum noch Platz. „Pferde sind nicht von Natur aus bösartig. Unerwünschtes Verhalten entsteht oft durch unbewusste Verstärkung oder äußere Faktoren wie Schmerzen.“
Anstatt Verhalten zu bestrafen, empfiehlt sie, die Aufmerksamkeit auf die Förderung der gewünschten Reaktionen zu lenken.
Fazit: Belohnung mit Bedacht
Für Pferdeliebhaber bedeutet dies: Wir sollten althergebrachte Trainingsmethoden überdenken. Statt auf Klapse oder verbale Bestätigungen zu setzen, sollten natürliche Verstärker wie Futter oder Streicheleinheiten genutzt werden.
Mit der richtigen Kombination aus positiver und negativer Verstärkung lassen sich erstaunliche Erfolge erzielen – und das ganz ohne Frustration für Mensch und Tier.
Comments