Umstrittener Auftritt mit Nachwuchspferd: Jessica von Bredow-Werndl erlebt Shitstorm
- pferdewelten
- 4. Dez. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Jessica von Bredow-Werndl erlebt gerade die Schattenseiten des Internets: Ein Turniervideo von ihr entfachte einen Shitstorm.

Dressurikone Jessica von Bredow-Werndl, gefeierte Olympiasiegerin und Vorbild für viele Pferdefreunde, sieht sich einer Welle des Hasses im Netz ausgesetzt. Der Auslöser: Ein Video, das sie bei einem Turnier zeigt, wie sie ihr Nachwuchspferd Gatsby in einer schwierigen Situation zu manövrieren versucht.
Auch wenn viele hier als Grund für ihre heftige und oftmals zutiefst persönliche Kritik mit dem Tierwohl argumentieren, geht es hier letztlich um eine andere Frage. Nämlich: Wie geht die Gesellschaft heutzutage mit menschlichem Scheitern um.
Perfektion auf der Bühne, doch das Training bleibt verborgen
Bilder aus Aubenhausen, der Heimat von von Bredow-Werndl, malen ein fast märchenhaftes Bild. Harmonische Szenen, in denen Pferde und Reiterin miteinander verschmelzen, prägen die Außenwahrnehmung.
Doch hinter den Kulissen sieht der Alltag anders aus: Schweiß, harte Arbeit und Geduld gehören dazu, auch Fehlschläge, wie die Reiterin betont. „Wir verbergen nichts. Aber wir teilen die Realität im geschützten Raum des Aubenhausen Clubs – für die, die es wirklich interessiert.“
Dieser exklusive Club bietet rund 10.000 Mitgliedern Zugang zu Workshops, Lehrvideos und Einblicken in das tägliche Training. Hier zeigt sich die Menschlichkeit hinter den Medaillen, doch das Internet hat seine eigenen Regeln – und reagierte auf den Moment des Scheiterns gnadenlos.
Nachwuchspferd Gatsby und eine Lektion in Geduld
Auf einem Turnier am Chiemsee wollte Gatsby, ein vielversprechendes Nachwuchspferd, einfach nicht mitmachen. Statt fließender Dressurlektionen widersetzte er sich, ging rückwärts, machte kehrt und wollte keinen Schritt vorwärts.
Jessica von Bredow-Werndl blieb ruhig, verzichtete auf Härte und versuchte, Gatsby durch die Aufgabe zu begleiten. Doch die Zuschauer im Netz hatten bereits ihr Urteil gefällt.
„Vielleicht hätte ich aufhören sollen“, räumt die Reiterin ein. Doch sie entschied sich dagegen, um Gatsby keine falschen Signale zu senden. „Wenn man bei jedem Problem sofort aufgibt, lernt das Pferd, dass es mit Ungehorsam durchkommt.“ Ein nachvollziehbarer Gedanke – doch das Video wurde zum Stein des Anstoßes.
„Was bilden sich die Leute ein?“
Die Reaktion im Internet war heftig: Beschimpfungen und Vorwürfe fluteten die sozialen Medien. Ein Shitstorm, der die Frage aufwirft: Dürfen Olympiasieger überhaupt noch scheitern? Jessica von Bredow-Werndl stellt diese Frage direkt:
„Was bilden sich die Leute ein, mich aufgrund eines kurzen Videos zu verurteilen?“
Der Preis des Ruhms ist hoch, und Jessica ist nicht die Erste, die dies erfahren muss. Auch die mehrfach dekorierte Isabell Werth sah sich in der Vergangenheit ähnlichen Angriffen ausgesetzt. Doch hinter den Hasskommentaren steht ein größeres gesellschaftliches Problem: Die fehlende Akzeptanz für Verletzlichkeit und Fehler.
Eine neue sportliche Ära
Während das Internet diskutiert, blickt Jessica von Bredow-Werndl nach vorne. Ihr Olympiapferd Dalera verabschiedet sich auf ihrer Abschiedstournee, und mit Kismet, einer Stute, die sie von der Britin Charlotte Dujardin übernommen hat, will sie neue Ziele erreichen. Doch die Reiterin weiß: „Nicht jedes Pferd ist für den Turniersport geboren.“
Die Unterstützung ihrer Community und ihrer treuen Clubmitglieder gibt ihr die nötige Zuversicht. In einer Zeit, in der ihre sportliche Zukunft an einem Wendepunkt steht, zeigt sie sich kämpferisch: „Ich bin zuversichtlich, dass ich meinen Platz im Championatskader zurückgewinnen werde.“
Das Ende einer Ära, der Beginn einer neuen
Mit Dalera endet ein Kapitel, das von beispiellosem Erfolg geprägt war. Doch Jessica von Bredow-Werndl bleibt ihrer Vision treu: Liebe, Vertrauen und Geduld als Grundpfeiler der Dressur zu leben und weiterzugeben. „Es ist nicht immer perfekt, und das ist auch in Ordnung.“
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